Interview mit mit der IKF-Dozentin Gesa Krämer
IKF: In unserem heutigen Newsletter-Leitartikel beschäftigen wir uns mit dem Thema «Wissenstransfer im digitalen Zeitalter». Darin postuliert David Krieger, dass Daten das neue Gold sind, und Wissenstransfer heute zum grossen Teil bereits durch KI, also Maschinen, bewerkstelligt wird. Doch auch in einer innovationsgetriebenen, agilen Umgebung bliebt der Mensch unersetzlich. Du unterrichtest bei uns im CAS Innovative Projekte & Agile Teamführung im Frühjahr 2020 zum Thema «Virtuelle Teams führen: Herausforderungen, Erfolgsfaktoren, spezielle Führungs- und Kommunikationstechniken». Wie wichtig ist für dich der Mensch, wenn es darum geht, aus Daten Wissen zu generieren und dies zu nutzen?
Gesa Krämer: Wenn es um Daten bei dem Thema Führung und Teams geht, dann ist die Entscheidung wann kommuniziere ich wem wie welche Informationen ein wichtiger Faktor für alle. Dabei geht es nämlich um viel, z.B. um Partizipation, Macht, Atmosphäre und Ziele. Dies alles in Beziehung zu setzen, also in Netzwerken, Abhängigkeiten und Effekten zu denken, können nur Menschen und besonders diejenigen, die mit Empathie dabei sind.
IKF: Wie können deiner Meinung nach Projekte gelingen, wenn Menschen heute mit neuen Methoden in neuen Umgebungen zusammenarbeiten sollen?
Gesa Krämer: Sehr gut! Es sind neben den o.g. Aspekten auch noch Medien- und Kommunikationskompetenzen erforderlich. Dazu gehört sicherlich das, was man sofort damit in Verbindung bringt: Mediennutzung, also wie nutze ich alle technischen Hilfsmittel wie Webkonferenzen usw. Das ist jedoch nur eine von vielen Facetten. Dann ist es wichtig, für die Eigenlogik und -dynamik der Medien sensibilisiert zu sein und sich medienangemessen verhalten zu können. Nicht jeder, der ein Face-to-Face-Meeting inspirierend leiten kann, begeistert auch in einer Webkonferenz. Nicht zuletzt geht es dann auch darum, Medien zielgerichtet auszuwählen und einsetzen zu können. Leider lernt man das weder in der Schule noch beim Kauf von webbasierten Kommunikationsmedien.
IKF: Welchen Einfluss hat dabei Kultur?
Gesa Krämer: Kulturell implizite oder explizite Regeln spielen eine Rolle ebenso wie kulturell geprägte Kommunikationsstile oder Vorgehensweisen. Dabei beeinflussen beispielsweise Unternehmens-, Berufs-, Nationalkulturen gleichermassen, wie ein Team miteinander umgeht, wann wie eskaliert und wer wann wie informiert wird. Selbst bei sehr strukturierten Rückmeldeschleifen, wie es sie z.B. bei Scrum gibt, merkt man diese Einflüsse.
IKF: In unserem CAS Transkulturelles Coaching und Organisationsberatung spielt Kultur als uns Menschen prägender Faktor eine grosse Rolle. In diesem ebenfalls im Frühjahr 2020 wieder am IKF stattfindenden CAS unterrichtest du an mehreren Tagen unter anderem zu Rollen und Haltungen in transkulturellen Settings, kultursensibler Beziehungsgestaltung und übst mit den Teilnehmenden kulturreflexive Coachingmethoden ein. Warum ist deiner Meinung nach Coaching ein wirkungsvolles Mittel, um persönliche und wirtschaftliche Ziele zu erreichen?
Gesa Krämer: Coaching ist eine prozesshafte Einzelbegleitung (es geht auch mit Gruppen), die zur individuellen Orientierung dient. Diese ist in der aktuellen dynamischen, sich schnell ändernden und dadurch unübersichtlich werdenden Arbeits- und Lebenswelt wichtiger denn je. Dabei sind vielfältige kulturelle Einflüsse ebenso mitzudenken wie auch Machtasymmetrien und unterschiedliche Erwartungen an die Coachrolle.
IKF: Wie bist du zum Coaching gekommen, was zeichnet dich als Expertin aus?
Gesa Krämer: Aus der interkulturellen Kommunikation kommend habe ich mich von der soziologischen Perspektive immer mehr dem Individuum zugewandt und mich interessierte, wie der/die Einzelne mit den Herausforderungen und den ganz individuellen Fragen umgeht. Und da ich selber die Erfahrung gemacht habe, dass „culture embodied“ ist, wählte ich die Körperpsychotherapie als Richtung. Dass meine anschliessende traumatherapeutische Weiterbildung so aktuell werden würde wie seit 2015, hätte ich selbst nie gedacht. Diese Perspektivenvielfalt hilft mir jedoch enorm bei der Begleitung und Ausbildung von CoachingpartnerInnen und KollegInnen.
IKF: Wer sollte am IKF deine Unterrichtseinheiten und damit unsere CAS Innovative Projekte & Agile Teamführung und CAS Transkulturelles Coaching und Organisationsberatung besuchen?
Gesa Krämer: Bei dem Thema Projekte und Teams sind sicherlich all jene angesprochen, die bewusster führen möchten oder die in komplexen Zusammenhängen virtuell arbeiten oder auch funktional Verantwortung übernehmen.
Das Thema Coaching ist für all diejenigen hilfreich, die ihre eigene Rolle in der Begleitung (Beratung, Leitung, Training usw.) reflektieren möchten und dabei den Fokus auf Augenhöhe und Kulturreflexivität haben oder erlernen möchten.
IKF: Weiterbildungsangebote zu Coaching gibt es mittlerweile in der Schweiz sehr viele. Warum ist gerade die Kombination vom aktiven Einüben von Coachingmethoden und der Einbeziehung transkultureller Aspekte, die es nur in unserem CAS am IKF gibt, von grossem Vorteil?
Gesa Krämer: Coaching ohne Kultur-, Identitäts- oder Machtbezüge durchzuführen ist in unserer globalisierten Welt gar nicht mehr möglich. Wir gehen – egal wo und wie man lebt – von mannigfaltigen Differenzerfahrungen aus, die mit bedacht werden müssen. Ebenso sind die Beteiligtenkonstellation und der Prozess des Coachings selbst letztendlich stets aus mehreren Perspektiven von beiden PartnerInnen zu gestalten. Dafür bilden wir in dem CAS am IKF aus.
Vielen Dank für deine spannenden Antworten, liebe Gesa! Wir freuen uns auf deinen Unterricht im kommenden Frühling schon jetzt.